„Ich sehe ärmliche Hütten, die windschief aus der kargen Landschaft ragen aber auch prunkvolle Kirchen und Paläste. In den Städten stehen graue Plattenbauten neben modernen Gebäuden mit eleganten Glasfassaden. Dem Volk steht eine korrupte Regierung gegenüber. Ein Land, das im Wandel von Armut zu Wohlstand stecken geblieben ist. ….“
So beginnt Kerstin Grötzer ihr Tagebuch, welches im Zuge einer Reise entstand, die sie mit ihrer Klassenkollegin Marlene Mayr aus der 7K1 antrat, um ein humanitäres Projekt zu unterstützen, für das sich auch das BORG als Ganzes engagiert. Zum Bericht steuerte Marlene übrigens einige ihrer gelungenen Schnappschüsse bei, welche dem Text zusätzliche Aussagekraft verleihen. Als Vertreter unserer Schule verteilten Marlene und Kerstin von den BORG-Schülern gesammelte Weihnachtspakete vor Ort an bedürftige Kinder.
Auf eindrucksvolle Weise beschreibt Kerstin die Reise vom Mittwoch 26. 11 bis Sonntag 30.11.2014. Die endlos anmutende Durchquerung Ungarns in einem überfüllten Reisebus, gemeinsam mit einer Gruppe der christlichen Gemeinde. Der außerdem vom einzigen und ersten Busfahrer Österreichs mit eingeschränkter Gehörfähigkeit gelenkt wird.
„Aber trotz seiner Taubheit unterhält er sich lang und gerne mit uns, nämlich fließend in Gebärdensprache, die für uns wie Pantomime zu verstehen ist. „Gott“ zum Beispiel wird durch drei hochgehaltene Finger dargestellt, abgeleitet von der heiligen Dreifaltigkeit.“
Auch einen Einblick ins Erziehungssystem von einer rumänischen Schule vermittelt uns Kerstin in dem Tagebuch:
„“Während ich meinen Blick über die Schülermenge schweifen lasse, fallen mir mehrere Dinge ins Auge. Es herrscht strenge Geschlechtertrennung in der Sitzordnung, die Jungen befinden sich von mir aus betrachtet auf der linken Seite und die Mädchen auf der rechten. Ein ruckartiger Übergang von diversen Blau- und Grüntönen in Rosa und Pink. Auch die Gruppen für die Spiele werden nach dem Motto „Jungen gegen Mädchen“ ausgewählt. Und grundsätzlich scheinen Erziehungsmaßnahmen hier eine ernstere Angelegenheit zu sein. Auf jeder Seite der Bühne, dort wo die Mädchen bzw. die Jungen sitzen, befinden sich jeweils drei Luftballons an den Vorhängen befestigt. Sobald eine Gruppe, also Jungen oder Mädchen, unangemessen laut wird und stört, wird ein Luftballon zerplatzt. Sollte am Schluss kein einziger Ballon mehr übrig sein, bekommt die betroffene Gruppe keine Geschenke von uns. Jedes Mal wenn ein Ballon zerstochen wird tritt unter den Kindern im ganzen Saal betroffenes Schweigen ein. Eins, zwei, drei. Drei Luftballons platzen. Aber zum Glück nicht für eine einzige Gruppe. Die Jungs verlieren zwei, die Mädchen einen und ich weiß auch nicht was ich gemacht hätte, wäre es anders gewesen. Schließlich bin ich nicht dafür hergekommen um weinende Gesichter zu sehen und Kinder ohne Geschenke nach Hause zu schicken und mir kommt die Bestrafung ungerecht und übertrieben vor. Aber da ich kein Recht habe, die Erziehungsmaßnahmen vor Ort zu kritisieren, halte ich einfach meine Klappe und mache mich daran endlich die Pakete zu verteilen.“.“
Auf eindrucksvolle Weise und mit scharfer Beobachtungsgabe werden die teils völlig tristen, trostlosen Verhältnisse in einem der ärmsten Länder Europa beschrieben:
„Nachher spazieren wir langsam durch das Dorf und ich sehe heruntergekommene und verwahrloste Häuser, die fast so aussehen wie auf der Müllhaldensiedlung. Auf den Zäunen hängt Wäsche zum Trocknen, der schlammige Boden ist mit Müll bedeckt und bald kommen wir zu einer Gruppe Erwachsener und Kinder, die teilweise lachen aber manchmal auch finster und abwehrend reagieren. Irgendwie kann ich sie verstehen. Ich glaube ich wäre auch verärgert, würden ein paar reiche Idioten in mein Dorf marschieren und sich wie in einem Museum der Armut umsehen mit schockiert aufgerissenen Augen.“.“
Diese Textpassagen zeugen nicht nur vom literarischen Talent der Borg-Schülerin, sondern machen Lust auf mehr. Kerstin ist übrigens Mitglied im Freifach „Schreibwerkstatt“ von Professor Weber. Hier der Link zum Tagebuch…….